Raus aus den Werkstätten, rein in die (Arbeits-)Welt!
Berufliche Integration für Menschen mit Behinderung wird neu geregelt
Graz, 18. November 2013
75 Prozent der Menschen, die derzeit in Tageswerkstätten beschäftigt sind, haben eine leichte oder mittlere Beeinträchtigung, führt Schrittwieser aus. Diese Menschen könnten - mit Unterstützung - auch andere Tätigkeiten ausüben, etwa in Betrieben oder in Gemeinden. Doch sei es kaum gelungen, die Betroffenen in weiterer Folge an den Arbeitsmarkt bzw. an den arbeitsnahen Bereich heranzuführen. Genau da will Schrittwieser mit seinem neuen Modell ansetzen: Die berufliche Integration wird in Zukunft breiter aufgestellt, indem auf die Betroffenen im Rahmen einer persönlichen Zukunftsplanung viel flexibler eingegangen wird. Die Schwerpunkte liegen im Erwerb von Schlüsselqualifikationen, im Aufbau von Kompetenzen und im Arbeitstraining. „Auf die verschiedenen Bedürfnisse der Betroffenen wurde bisher viel zu wenig eingegangen", so Schrittwieser, der künftig die Impulse anders setzen möchte und der Integration in die Arbeitswelt den Vorrang gegenüber der Betreuung in Tageswerkstätten geben wird. Von den 39 Millionen Euro an Budgetmitteln, die derzeit für die Struktur der Tageswerkstätten aufgewendet werden, werden daher einige Millionen in Richtung berufliche Integration Neu umgeschichtet, wofür bislang 14 Millionen Euro zur Verfügung gestanden sind.
Angesichts der nach wie vor prekären Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung begrüßt der Dachverband die Initiative von Soziallandesrat Schrittwieser, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt zu verbessern. „Die Situation erfordert aber eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten", mahnt der Vorsitzende des Dachverbandes „Die Steirische Behindertenhilfe", Thomas Driessen. Der Dachverband schlägt daher vor, dass AMS, Bundessozialamt und Land mit den Trägern der Behindertenhilfe einen Steirischen Beschäftigungspakt für Menschen mit Behinderung schließen - und gemeinsam wirksame und nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung entwickeln und umsetzen. „Das Land hat offensichtlich in der Vergangenheit Hilfeleistungen finanziert, für die eigentlich der Bund - sprich das Arbeitsmarktservice oder das Bundessozialamt - zuständig ist. Wenn sich das Land daher zu Recht von diesen Leistungen verabschieden will, so muss mit dem Bund eine Lösung gefunden werden, dass ab 2014 die finanziellen Mittel für die Fortführung dieser oder ähnlicher Leistungen zur Verfügung stehen. Sonst besteht Gefahr, dass manche Menschen mit Behinderung plötzlich ihre Unterstützung verlieren - und genau das wollen ja alle verhindern", so Driessen.
Auch auf anderer Ebene kommt es zu Änderungen. Bisher gab es Kompetenzüberschneidungen mit anderen Stellen wie dem Bundessozialamt oder dem AMS, was der Bundesrechnungshof in einem Bericht aus dem Vorjahr moniert hatte. Nun wird die Leistungserbringung wieder auf die tatsächlichen Kompetenzen zurückgeführt: Für arbeitsfähige Personen ist der Bund, für nicht arbeitsfähige Menschen mit Behinderung weiterhin das Land zuständig. Ein Lohnkostenzuschuss als Maßnahme für arbeitsfähige Menschen wird künftig nur vom Bund ausbezahlt, beim Land wird diese Kostenstelle (3,3 Millionen Euro) wegfallen. Dennoch braucht niemand zu befürchten, von heute auf morgen die Unterstützung zu verlieren: „Bestehende Bescheide bleiben bis zum Ende ihrer Befristung aufrecht. Die Leistung kann daher weiter konsumiert werden", beruhigt Schrittwieser. Doch nach Inkrafttreten der Novelle können nur mehr Leistungen nach dem neuen System beantragt werden.
Rückfragehinweis: Büro LH-Stv. Siegfried Schrittwieser, Tel. 0316-877 3401